Die Wanderung führt vom Darmstadt-Eberstädter Bahnhof in das FFH-Gebiet „Pfungstädter Düne“ und von dort östlich an Pfungstadt vorbei auf einen Rundweg um das Naturschutzgebiet „Pfungstädter Moor“, das wiederum Teil des Vogelschutzgebietes „Hessische Altneckarschlingen“ ist. Endpunkt der Wanderung ist das NaturFreunde-Haus „Moorhaus“.
Der Natura Trail liegt in der Verantwortung der NaturFreunde Pfungstadt und wurde konzipiert von Monika Bayer.
Kurslänge: 11,6 Km; Schwierigkeit: leicht
Geschichtliches, Sehenswürdigkeiten
Pfungstadt liegt etwa 10 km südwestlich von Darmstadt an der Bergstraße. Die an der Modau gelegene Stadt wurde 785 erstmals urkundlich erwähnt und hat heute ca. 25.500 Einwohner. Mit der Gründung einer Krappfabrik (Färberkrapp ist eine bereits im Altertum zum Färben von Kleidung verwendete Wurzel) im 18. Jahrhundert beginnt die Industrialisierung Pfungstadts, die ab 1845 durch die Ultramarinfabrik, die Brauerei, die Zündholz-, Zigarren- und Ziegelsteinproduktion geprägt war.
Pfungstadt war aufgrund des nährstoffarmen Sandbodens nie sonderlich bäuerlich geprägt, sondern mehr eine Stadt der Handwerker und Arbeiter. Charakteristisch ist die Vielzahl von Mühlen, über deren Geschichte eine Infotafel an der Kirchmühle in der Kirchstraße zusammen mit einem historischen Mühlstein berichtet.
FFH-Gebiet „Pfungstädter Düne“
Das FFH-Gebiet „Pfungstädter Düne“ erstreckt sich auf einer Fläche von 8,3 ha entlang der Gleise der Pfungstadt-Bahn auf einer Höhe von ca. 112 m über NN. Es handelt sich um einen langgestreckten, überwiegend bewaldeten Dünenzug, der Teil eines großflächigen, ca. 10 km breiten Flugsanddünengürtels ist, der sich in der Rheinebene östlich des Rheins zwischen Darmstadt und Rastatt hinzieht. Dieser entstand am Ende der Steinzeit durch das Aufwehen des Flugsandes von Rhein, Main und Neckar. Man erreicht die Düne entweder über den Feldweg oder über Wanderwege am Galgenberg. Die dort vorkommenden Kiefern verbreiten bei wärmeren Temperaturen ihren würzig-harzigen Duft. Die nur lokal verbreiteten kalkhaltigen Flugsande und Binnendünen mit ihrem Hauptvorkommen in der Oberrhein- bzw. Untermainebene sowie in den größeren Flusstälern der neuen Bundesländer haben eine überregionale Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz.
Mit ihren Sandrasenflächen mit trockenem, kalkreichem Sandrasen und mit Steppen-Trockenrasen bietet die Pfungstädter Düne Lebensraum für eine Vielzahl von bedrohten Arten wie zum Beispiel Ödlandschrecken, Zebraspinnen und Zauneidechsen. Sie beherbergt seltene Grasarten wie Blauschillergras und Traubiges Klettengras sowie die unter besonderem Schutz stehende Sand-Silberscharte, die auf Sandboden wachsend Höhen zwischen 20 und 70 cm erreicht.
Gemeinsam mit weiteren Sandrasengebieten der Region um Darmstadt wurde die Pfungstädter Düne als FFH-Gebiet in das Netz Natura 2000 eingebunden. Früher wurde die Sanddüne zur Sandgewinnung genutzt. Hierdurch entstand die nach Süden exponierte Böschung. Auf den Ackerflächen am nördlichen Rand des Gebietes kam es in den 80er-Jahren immer wieder zu illegalen Mistablagerungen. Hier wurde inzwischen eine Blühfläche angelegt.
Um die charakteristische Dünenlandschaft zu bewahren, hat man sich den Erhalt und die Entwicklung des lichten, artenreichen Kiefernwaldes sowie die Offenhaltung der Freiflächen zum Ziel gesetzt. Hierzu dient Schafbeweidung, die regelmäßige Mahd und die Entbuschung der Kiefernwälder.
Pfungstädter Moor
Das Pfungstädter Moor ist ein 97 ha großes Naturschutzgebiet. Es wurde 2007 zum Teil des Vogelschutzgebietes „Hessische Altneckarschlingen“ erklärt. Der Zutritt ist Besuchern auf den ausgewiesenen Pfaden offen.
Das Moor entstand vor ca. 10.000 Jahren, als ein Altneckararm ein neues Bett fand und der alte Flusslauf verlandete. Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert wurde Torf abgebaut, der als Heizmaterial in vielen Wohn- und Fabrikgebäuden genutzt wurde. Aufgrund verschiedener Einflüsse sank der Grundwasserspiegel beständig ab, so dass die Renaturierung des Moores gefährdet war. Ab 1999 erfolgte deshalb eine Zuwässerung mit aufbereitetem Rheinwasser mit dem Ziel, über eine oberflächennahe Durchfeuchtung und eine Anhebung der Grundwasserstände zumindest in Teilbereichen des Schutzgebietes wieder moortypische Tier- und Pflanzenarten anzusiedeln.
Weitergehende Überlegungen, wie man die Situation in diesem Naturschutzgebiet langfristig verbessern könnte, führten zu einer Planung des Arbeitskreises Darmstadt der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) zur teilweisen Wiederherstellung eines Systems von Torfabbaugräben aus dem Anfang der 1900er-Jahre. Nach Genehmigung durch die Obere Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Darmstadt wurde von 2006 bis 2016 in fünf Bauabschnitten ein mehr als 3 km langes wasserbespanntes Grabensystem wiederhergestellt. An der Finanzierung waren Naturschutzverbände, der Landkreis Darmstadt-Dieburg und das Regierungspräsidium Darmstadt beteiligt.
Das verzweigte und mit zahlreichen Aufweitungen und Mulden versehene Rinnensystem durchzieht mittlerweile weite Teile des Naturschutzgebietes und stellt für zahlreiche wassergebundene Arten einen attraktiven Rückzugsraum dar. Zielarten sind Zwergdommel, Drosselrohrsänger, Bekassine, Teichhuhn und Wasserralle. Aber auch zahlreiche Amphibienarten und Kleinfische finden hier aufgrund des Strukturreichtums einen geeigneten Lebensraum vor. Zu den seltenen Pflanzenarten zählen der Sumpf-Lappenfarn und die Scheinzypergras-Segge.
Entlang eines mit Kleinblütigem Springkraut umsäumten Pfades findet man umgestürzte Bäume, da dieser Teil des Waldes nicht mehr bewirtschaftet wird. Berührt man die reifen Schoten des Springkrauts, so „explodieren“ diese. Das „Totholz“ der Bäume bildet die Lebensgrundlage für eine Fülle von Tier- und Pflanzenarten und sorgt so für die Erhaltung der Artenvielfalt des Moores. Insbesondere für Insekten bietet Totholz Lebensraum und bildet somit auch die Nahrungsgrundlage für die Vogelpopulation im Vogelschutzgebiet.
Am nördlichen Rand des Moores befindet sich die frühere Kreis-Mülldeponie, die im Jahr 2004 renaturiert wurde. Die Offenhaltung des ehemaligen Müllberges wird durch die Beweidung mit Schafen erreicht. Infotafeln weisen auf die Vergangenheit des Berges und die Maßnahmen zur Renaturierung hin.
Am östlichen Rand des Gebiets liegt eine Streuobstwiese mit altem Obstbaumbestand, die durch die Stadt Pfungstadt gepflegt wird. Da die Wiese immer nur zur Hälfte gemäht wird, können ihre Bewohner nach der Mahd auf den belassenen Teil ausweichen. Durch diese extensive Bewirtschaftung haben sich hier zahlreiche Wildkräuter und seltene Insektenarten angesiedelt.